Mit der Ankunft von einer Million und mehr Flüchtlingen in Deutschland entsteht nicht nur organisatorisches Chaos, sondern auch Ängste, Hoffnungen und Erwartungen auf beiden Seiten. Dem zu begegnen ist eine bessere Kenntnis der Situation und Kultur in den Herkunftsländern gute Vorraussetzung. WADI hat daher ein Workshop-Konzept entwickelt, das unsere 25-jährige Erfahrung in Irak und Syrien für die konkrete Flüchtlingsarbeit in Deutschland nutzbar macht.
Die WADI-Mitarbeiter Hannah Wettig und Dr. Oliver M. Piecha haben am 11. Dezember ihre Workshop-Reihe „Verstehen als Voraussetzung für Verständnis“ für kulturelle Kompetenz für die Arbeit mit Flüchtlingen an der Volkshochschule (VHS) Celle begonnen.
Die Cellesche Zeitung berichtete: „Mit der persönlichen Hygiene (nimmt) man es in den meisten Herkunftskulturen der Flüchtlinge genauer als hier. Da werden selbstverständlich vor dem Essen die Hände gewaschen. „Da wirkt der Europäer wie ein Barbar“, so Piecha. Was den Umgang mit Müll angehe, seien Menschen aus den Ländern des Nahen Ostens aber tatsächlich oft nachlässiger. Warum? „Draußen ist Regierung.“
Der Workshop fokussiert auf den politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrund in zentralen Fluchtländern, um das individuelle Verhalten von Flüchtlingen in einen Kontext einzuordnen: wie sieht es aus mit Familienstruktur, Gleichberechtigung, Gesellschaftsorganisation und politischer Sozialisation in Staaten, die so gut wie keine bürgerlichen Partizipationsmöglichkeiten bieten, aber dafür umso mehr offiziell propagierte Verschwörungstheorien?
Speziell Unsicherheiten in Zusammenhang mit „Religion“ – dem Islam – „Kultur“ oder Tradition werden besprochen: Darf ich Kritik an kulturellen oder religiösen Verhaltensweisen üben, wie unterscheidet sich das überhaupt, wo überschreite ich möglicherweise Grenzen von anderen und wo setze ich meine eigenen Grenzen? Und wo beginnen eigene Projektionen?
In einem weiteren Schritt wird derzeit ein Konzept zur politischen Kompetenz, Aktivierung und Selbstorganisation von Flüchtlingen in Kooperation mit der VHS Celle entwickelt. Basis dieses Konzepts ist das gemeinsame Projekt mit dem Europäischen Zentrum für Kurdische Studien „Vom Untertan zum Bürger“ mit Unterstützung des Instituts für Auslandsbeziehungen, Oxfam und Hivos.
von WADI-online